Schwarzwälder Bote, 09.10.99:


Bernd Heinrich feiert Comeback im Nationalteam

37-Jähriger erliegt erneut dem Reiz der internationalen Sportbühne / Das große Ziel heißt »Sydney 2000«


Von Christian Grimm (sb)

Nagold/Schietingen. Mit zwei Olympia-, drei Weltmeister- und vier Europameister-Titeln hatte sich Bernd Heinrich 1996 aus dem Kader der deutschen Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten verabschiedet - doch nach dreijährigtir Pause ist der 37-jährige Schietinger dem Reiz der internationalen Sportbühne wieder erlegen. Die Motivation für sein Comeback hat einen klangvollen Namen: »Sydney 2000«.

»Eigentlich wollte ich nur meinen alten Mannschaftskameraden mal wieder Hallo sagen«, erinnert sich Heinrich an das vergangene Jahr, als er das Nationalteam im Trainingslager besuchte. Prompt unterbreitete ihm Bundestrainer Athanasios Papageorgiou das Angebot, seine Karriere im Nationalteam wieder aufzunehmen. Mit Blick auf die »Paralympics 2000«, die im kommenden Jahr direkt nach der Sommer-Olympiade im australischen Sydney ausgetragen werden, musste Heinrich nicht lange überlegen und gab dem Teamchef seine Zusage. Indes steht für den Spielertrainer des Bezirksligisten VC Nagold schon heute fest: »Nach Sydney ist endgültig Schluss.«

Im Alter von sieben Jahren musste Bernd Heinrich, der heute als Sport- und Geschichts-Lehrer an der Realschule in Gärtringen tätig ist, nach einem Autounfall das rechte Beim amputiert werden. Eine Prothese ermöglicht es ihm, dass er seinen Lieblingssport dennoch mit vollem Einsatz und höchst beachtlichem Erfolg ausüben kann. Zwar mindert diese Einschränkung seine Sprungkraft, was beispielsweise beim Schmettern ein klarer Nachteil ist, doch setzt er dafür seine Stärken - wie alle Mitglieder der Behinderten-Nationalmännschaft - umso gezielter ein. So ist der 37-Jährige beim Aufschlag, beim Stellen und bei der Annahme eine feste Größe, was unter anderem die Auszeichnung »Best Server« (bester Aufschlagsspieler) belegt, die Heinrich beim Nationen-Cup im vergangenen Juli in Montreal erhielt. Für das Schmettern sind im Fall des Nationalteams seine einarmigen Mitspieler zuständig.

Dass die deutsche Mannschaftt Volleyballsport auf hohem Niveau bietet, zeigt neben zahlreichen Titelgewinnen auch der Umstand, dass alle Teammitglieder ebenso erfolgreich bei Verbandsspielen mitmischen. »Jeder aus dem Team muss sich auch im Verein unter Nichtbehinderten behaupten. Wir haben Leute, die teilweise bis hoch zur Regionalliga spielen. Das Spielniveau in der Behinderten-Nationalmannschaft kann man wohl mit dem in der Verbandsliga vergleichen«, so der Schietinger, der angesichts seiner Auszeichnungen der erfolgreichste Sportler im Kreis Calw ist.

1983 begann seine Karriere im Trikot mit dem Bundesadler und fand ihre vorläufige Krönung mit dem Gewinn der Goldmedaillen bei den Paralympics in Seoul und Barcelona. Zwischen 1986 und 1996 waren Heinrich und Co bei jedem Turnier im Endspiel vertreten. Ob man an diese Erfolge auch im nächsten Jahr in Sydney anknüpfen kann, ist auch für Bernd Heinrich noch ungewiss: »Das hängt in erster Linie vom Verletzungspech ab. Wir haben in Deutschland zur Zeit gerade mal 20 Spieler, die für die Nationalmannschaft in Frage kommen. Wenn da alle fit sind, werden wir eine sehr starke Mannschaft zur Verfügung haben, mit der man sicherlich ganz oben mitspielen kann.«